Abgeschnitten by Sebastian Fitzek & Michael Tsokos

Abgeschnitten by Sebastian Fitzek & Michael Tsokos

Autor:Sebastian Fitzek & Michael Tsokos [Fitzek, Sebastian]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783426415696
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-09-25T22:00:00+00:00


34. Kapitel

Helgoland.

Das Licht in der Pathologie war wieder an, aber das machte die Sache nicht besser. Die Gefahr, der Linda sich ausgesetzt sah, war wie Radioaktivität. Unsichtbar und dennoch allgegenwärtig.

Noch immer brannte die Haut an der Stelle, an der jemand sie in der Dunkelheit berührt hatte. Noch immer verspürte Linda das Bedürfnis, wild um sich zu schlagen, so wie sie es vor wenigen Minuten getan hatte.

Als das Licht ausgefallen war.

Dabei hatte sie in ihren ziellosen Abwehrversuchen im Dunkeln nichts getroffen außer dem Instrumententisch, der mit großem Getöse umfiel, nachdem sie in einem Fluchtreflex gegen ihn gestolpert war. Gemeinsam mit ihm ging sie zu Boden.

Der Lärm war ohrenbetäubend gewesen und klang ihr jetzt noch in den Ohren. Kein Geräusch dieser Welt kann furchterregender sein, hatte Linda gedacht, bis sie das Knirschen gehört hatte – der typische Laut, den Ledersohlen auf einer harten Oberfläche erzeugen.

Linda hatte an ihren Vater denken müssen, der für Kleider nur wenig Geld ausgab, bei Schuhen aber eine Ausnahme machte … »Denn an den Schuhen erkennt man, wie stabil ein Mann im Leben steht, Liebes.«

Und man hört, wie nah ein Mörder in der Dunkelheit ist.

Das Knirschen war erst leiser geworden, dann kam es wieder zurück, und Linda hatte nicht groß darüber nachgedacht, wie sie sich verhalten sollte. Angst ist wie ein schlecht dressierter Kampfhund, den man nicht an der Leine halten kann, wenn er Blut wittert. Sie bricht aus, unkontrolliert und so intensiv wie eine Naturgewalt, sobald man sich dem Tode nahe fühlt, und in dieser Extremsituation gibt es nur zwei Möglichkeiten: Angriff oder Flucht. Linda wählte Letzteres. Ohne aufzustehen, war sie im Sitzen nach hinten gestrampelt. Weg, nur weg von den knarzenden Schuhen, die immer näher kamen … weit, weit weg … bis es nicht mehr weiter nach hinten ging, weil sie mit dem Rücken an einer Heizung angelangt war. Etwa in diesem Moment verklangen die Geräusche. Im Sektionssaal herrschte eine völlige Stille. Selbst das elektrostatische Summen der Lampen war verschwunden.

»Sieh einem Mann auf die Füße, nicht in die Augen, wenn du seinen Charakter lesen willst.«

Linda kam eine weitere Erinnerung, diesmal an den Zitatenschatz ihrer Mutter, die jetzt vermutlich gerade die Schnittchen zubereitete, die ihr Vater jeden Samstag zur Sportschau vor dem Fernseher aß.

Wieso nur habe ich mich so selten dazugesetzt?, schoss es ihr in einer Mischung aus Verzweiflung und Wehmut durch den Kopf; ein unsinniger Gedanke in einer surrealen Situation: allein, in vollständiger Finsternis hockend, zwischen zwei Leichen auf dem Boden einer stillgelegten Pathologie.

Und dann hatte sie das Aftershave gerochen. Das gleiche Aftershave wie gestern auf dem Kissen in ihrem Bett. Oh Gott, war das wirklich erst gestern gewesen? Nur dass es sich heute mit dem Geruch der Leichen auf den Sektionstischen vermischte.

Danny?

Sie hatte den Reflex unterdrückt, den Namen des Stalkers laut in den Raum zu schreien, obwohl sie sich sicher gewesen war, dass – wer immer hier mit ihr in der Pathologie war – ganz genau wusste, wo er sein Opfer finden konnte.

Mit der Hand auf den Mund gepresst und angehaltenem Atem hatte sie auf



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